26.7. – 29.7. Die ersten Tage
Das verflixte siebte Jahr auf Hallig Gröde beginnt wie fast immer am Sonntag Morgen, diesmal nicht ganz so früh, da wir erst um 14 Uhr in Schlüttsiel ablegen. Auf der Rungholt wird es ziemlich voll, da das schöne Wetter nicht nur die Feriengäste, sondern auch jede Menge Tagestouristen auf die Hallig lockt.
So sind wir wieder angekommen, auf 277 ha Marschland im Meer, lassen uns in bei einem ersten Rundgang noch die Salzluft um die Nase wehen, wundern uns über eine rempelnde Schafhorde und beschließen den Tag recht früh.
Am nächsten Morgen macht der Wecker um fünf Uhr auf den anstehenden Sonnenaufgang aufmerksam, aber durch die dichte Bewölkung ist keine Morgenröte zu entdecken und damit entfällt die Motivation, sich aus dem Bett zu quälen.
Gen Mittag bei Niedrigwasser geht es wieder raus aufs Watt. Das Wasser fällt jetzt niedrig genug und man kann eine Stunde vor Niedrigwasser auf die große Sandbank im Süden von Hallig Gröde raus, muss sich dann aber beeilen, denn eine halbe Stunde nach Niedrigwasser kommt man noch so gerade eben ans Halligufer trockenen Fußes bzw. Gummistiefels zurück.
Regelrechter Urlaubsstress dann am folgenden Tag, ist doch bereits an diesem Dienstag „Langer Tag“ und damit die Gelegenheit für einen Ausflug ans Festland, morgens hin und abends zurück mit der Rungholt.
Wir nutzen die Gelegenheit für Frühstück und einen Einkaufsbummel in Niebüll. Es folgt eine kleine Tour nach Klanxbüll zum Hindenburgdamm, der Bahnstrecke, die die Insel Sylt mit dem Festland verbindet. Die Idee, hier mal „kurz“ bis ans Meer zu laufen, entpuppt sich als längerer Fußmarsch, auch nach über 3 km in der Mittagssonne ist die „Wasserkante“ noch nicht erreicht. Das Deichvorland zieht sich und in der flachen Landschaft unterschätzt man Entfernungen ganz massiv.
Auf dem Rückweg noch ein Abstecher zu Monis neuem Haus in Fahrestoft zum Kaffee trinken, retour zur Rungholt und zurück aufs Inselchen. Der wunderbare Sommertag verabschiedet sich mit einem adäquat prächtigen Sonnenuntergang.
Wieder klingelt der Wecker um fünf Uhr, die Morgenröte motiviert dann doch zum frühen Aufstehen. Und tatsächlich schiebt sich die Sonnenscheibe über den Horizont, allerdings nur, um kurz danach wieder in den Wolken zu verschwinden. Das Licht ist trotzdem genau richtig für das Meer von lila Halligflieder nördlich der Knudswarft.
Am Nachmittag sind wir zu Klaus Geburtstag – gefeiert wird traditionell im „Schuppen“ – eingeladen, und wieder ist ein „Was um alles in der Welt macht Ihr denn den ganzen Tag?“ vorbei.
30.7. – 1.8. Sturm, ein letzter Juli- und kein Badetag
Eine „steife Brise“ weht schon am Morgen über die Hallig, ja die ganze Nordsee. Windstärke 9 ist angesagt. Wolken, Regen, Sonnenschein jagen einander in rascher Folge und wenn man nicht aufpasst, kann man heute so richtig patschnass werden.
Der spätere Nachmittag bringt Besuch von der Hauke Haien, die eine Gruppe Tagestouristen gerade rechtzeitig zum Ende eines Regenschauers am Westanleger absetzt. Die Rungholt ist heute gar nicht unterwegs, ab Windstärke 7 wird es für das kleine Schiff vor Gröde schwierig und so ist auch der für heute avisierte Ausflug nach Amrum ausgefallen.
Nach heftigem Regen in der Nacht wird der letzte Tag im Juli dem Sommermonat wieder gerecht, Sonnenschein und Schönwetterwolken bis Sonnenuntergang. Der Wind hat sich gelegt, aber das Meer zeigt immer noch kleine Schaumkronen, sodass die Rungholt mit den Ausflüglern zur Mittagszeit diesmal am Ostanleger festmacht.
Ein wunderbarer Tag, um am Meer zu sitzen und die Austernfischer bei ihrem geschäftigen Treiben im Watt zu beobachten. Oder um nach genug fotografierten Vögeln und lila Farbtupfern einfach in der Sonne zu liegen.
Zum Start in den August am nächsten Tag zeigt sich eine wunderbare Morgendämmerung über dem „Tief“, dem großen Baggerloch östlich der Knudswarft. Mit dem im Wetterbericht versprochenen Badewetter ist es allerdings im Laufe des Tages nicht weit her. Okay, zumindest am Nachmittag scheint die Sonne durchgehend, aber richtig warm ist es nur im Pullover. Sommerfrische mit Betonung auf Frische.
2.8. – 4.8. Grau in grau, weiß und blau, doch noch ein Badetag
Grau in grau der nächste Tag. Genau genommen nicht ganz grau, leichte Variationen im mittelgrau in Richtung eines etwas-heller-aprikot-grau lassen Hoffnung keimen, nur um dann doch wieder in etwas-dunkler-es-regnet-grau zu enden. Zeit zum Lesen und Bilder sortieren.
Bei Niedrigwasser Hochbetrieb im Watt, Bernstein-suchende Feriengäste aus Haus 1 treffen auf Wurm-ausgrabende Feriengäste aus Haus 2. Und andere Feriengäste aus Haus 1 gestalten den Ringdeich um die Knudswarft mit Rasenmäher und Schriftzug „Hallig Gröde“, die Ufos können kommen.
Etwas Sonne zeigt sich zum Abend in einer Wolkenlücke und schließlich endet der Tag mit einem fulminanten, feuerroten Abendhimmel, was ein wenig mit dem grauen Tag versöhnt.
Die nächste Woche beginnt wieder im Morgengrauen, allerdings stellt sich die Frage, ob der Verfasser angesichts der Blessuren an Knie und Ausrüstung wirklich schlaftrunken um fünf Uhr über die Hallig stapfen sollte.
Während des gesamt restlichen Tages gibt es den perfekten fotogenen Mix aus blauem Himmel, Wolken und Sonnenschein. Und zur Mittagszeit regen Besucherverkehr, das Hochwasser um 13 Uhr lockt vier Ausflugsschiffe an.
Muss man noch erwähnen, dass der Abend natürlich wieder mit einem dieser inflationär kitschigen Sonnenuntergänge endet? Am besten eingenommen mit einer Buddel Flens in gemütlicher Runde vorm Bürgermeisteramt.
Fortsetzung folgt am nächsten Tag, Sonne pur am strahlend blauen Himmel, Massen von Tagestouristen, sogar die Adler-Express legt an der Westbrücke an, so voll haben wir es auf der Insel noch nie vorgefunden. Und wer die kalte Nordsee nicht scheut, kann mittags bei Flut an der Badestelle ein paar Runden drehen, die Strömung ist allerdings nicht ganz ohne.
Am Abend fällt wieder die Sandbank bei Niedrigwasser trocken, völlige Windstille und tiefer Wasserstand ermöglichen es, bis eine Stunde nach Niedrigwasser zum Sonnenuntergang im Watt zu bleiben. Das Farbenspiel am und im Wasser begeistert.
5.8. – 6.8. Sommer, Sonne, Mondfinsternis
Weiterhin Sommer, Sonne, Meer. Wieder bestes Badewetter. Und wieder – aber nur zwei – Ausflugsschiffe mit Tagestouristen. Der Abend und die blaue Stunde gehören wie gestern der Sandbank. Im Norden also nichts Neues.
In der Nacht klingelt mehrfach der Wecker, folgt doch zwei Wochen später auf eine Sonnenfinsternis eine Mondfinsternis. Leider in der Minimalvariante, als Halbschattenfinsternis und dann auch nur partiell, der Mond befindet sich zum Maximum gerade mal 40 % im Halbschatten der Erde. Mit bloßem Auge oder durch den Sucher ist auch bei Maximum um 2:39 Uhr kein Helligkeitsunterschied zum unverfinsterten Vollmond auszumachen. Erst der direkte Vergleich der sorgsam in Weißabgleich und Helligkeit angeglichenen Fotos zeigt, dass der südliche Teil des Mondes rund um Tycho tatsächlich etwas dunkler geworden ist.
Siehe http://eclipse.gsfc.nasa.gov/LEplot/LEplot2001/LE2009Aug06N.pdf
Faulenzen ist am nächsten Tag angesagt, nachts alle anderthalb Stunden aufzustehen ist schließlich nicht unbedingt Erholungsurlaub.
Sommer, Sonne, blauer Himmel, Baden in der Nordsee, hatten wir das schon?
Richtige Aktivitäten entfalten wir erst wieder am Abend, natürlich raus auf die Sandbank, und es ist immer noch der beste Teil des Gröde-Urlaubs, bei geeigneten Niedrigwasserzeiten und Wasserständen nach Sonnenuntergang draußen im Watt zu sein.
7.8. – 9.8. Immer noch Sommer, Paul, Wattwanderer
Der geneigte Leser wird vermuten, dass es auch am nächsten Tag so weitergeht. Ja, wieder Sommer, Sonne, Sandbank.
Insofern ist es Tags drauf fast schon willkommen, dass der Tag mal grau in grau startet. Eine Touristenhorde zur Mittagszeit hat das besondere Pech, auch noch Regen als besondere Zugabe des Gröde-Aufenthalts zu bekommen. Und so sieht man tatsächlich Leute mit Regenschirm über die Warft ziehen, was in all den Jahren auch noch nicht vorgekommen ist.
Kleine Attraktion am Rande ist Paul(chen), das gar nicht mehr kleine hochgepäppelte Brandenten-Küken-Waise. Wahrscheinlich die meist fotografierte Brandente in ganz Nordfriesland, die beim abendlichen Klönschnack vorm Postamt wie selbstverständlich mit dabei liegt und weder vor großen Hunden noch Kameras in 5 cm Abstand irgendwelchen Respekt zeigt. Wobei zu klären wäre, ob nun Paul oder Pauline.
Wunderbar ruhig und grau in grau könnte auch der nächste Tag laufen. Das wird allerdings nichts, denn zur Mittagszeit kommen zwei große Gruppen mit Wattwanderern, insgesamt über 100 Personen, vom Festland her nach Gröde, um nach Kaffee und Kuchen mit dem Schiff zurück nach Schlüttsiel zu fahren. Zusammen mit den normalen Tagestouristen herrscht Trubel auf der Knudswarft.
Interessant bei der Ankunft des Trecks auf Appelland ist, dass man schon lange leises menschliches Stimmengewirr übers Watt hören kann, bevor die Wattwanderer in Sicht kommen. Ankunft standesgemäß bei leichtem Regen, und auch hier – ein Regenschirm im Watt.
10.8. – 12.8. Zu Fuß nach Schlüttsiel, im Globus, Wolkenlandschaften
Am Montag haben wir es – schon länger geplant – den Wattwanderern gleichgetan, in umgekehrter Richtung. Mit dem Trecker-Taxi raus nach Appelland, einigermaßen mühsam durch den weichen Schlick im Vorfeld der Lahnungen raus aufs Watt und dann zum Festland. Das ist mit viel Trödelei in zwei Stunden gut geschafft, sodass wir mittags wieder mit der Rungholt nach Gröde zurück können.
Draußen im Watt ergibt sich von der Festlandseite eine wunderbare Sicht auf Gröde und Habel, ganz anders und viel größer wirken die Inselchen bei Niedrigwasser. Und wie draußen auf der Sandbank macht es eine Menge Spaß, mitten „im Meer“ herumzulaufen.
Richtig nass beginnt dann der zweite lange Tag und fast wären wir versucht bei prasselndem Regen am Fenster im Bett zu bleiben. Aber nach wechselnden, teils heftigen Schauern ist es dann angekommen in Schleswig ein sehr freundlicher Tag.
Erstes Ziel ist der begehbare Globus im Landesmuseum Schloss Gottorf, ein Nachbau des Originals aus dem 17. Jahrhundert. Die imposante Erdkugel hat einen Durchmesser von etwas über 3 m und erfüllt eine doppelte Funktion: das Äußere als Darstellung der Erde auf dem Stand der Zeit, das Innere als Darstellung des Sternenhimmels, ein kleines Planetarium. Ursprünglich angetrieben durch Wasserkraft, mittlerweile elektrisch, sieht man außen die Rotation der Erde, innen die Sternbilder im Verlauf des Tages über den Himmel wandern.
Interessante Details der damaligen Weltsicht: der Nullmeridian geht noch durch Paris, Kalifornien ist eine Insel und in Deutschland findet man Trier, aber nicht Köln!
Der schmucke Barockgarten, in dem sich das Globushaus befindet, ist ebenfalls ein Nachbau, die ursprüngliche Anlage hat die Zeit nicht überdauert. Ansonsten hat Schloss Gottorf einiges zu bieten, insbesondere moderne Kunst ist in den Ausstellungsräumen und verteilt im Gelände zu sehen.
Ganz Nordsee-typisch ist der folgende Tag, pittoreske Wolkenformationen fegen bei Sonne, blauem Himmel und Westwind über die Hallig und auch ein kräftiger Regenschauer darf nicht fehlen. Zeit für die Jagd nach der ultimativen Wolkenlandschaft.
13.8. – 14.8. Lämmertransport, ein letzter Ferientag
Und so geht es am Donnerstag weiter, erst am späten Nachmittag ist wieder etwas „Action“ auf der Hallig angesagt, der Abtransport der diesjährigen Lämmer zum Festland.
Vielleicht ist der 13. als Tag ganz passend, wenn über 50 „süße Wollknäuel“ ihre letzte Reise antreten um wenig später als Lammbraten zu enden. Die Verladung auf das Achterdeck der Seeadler gestaltet sich am Westanleger wegen Wind und Wellen etwas abenteuerlich, aber letztlich sind alle, Mensch und Schaf, wohlbehalten an Bord.
Der Freitag, unser letzter kompletter Ferientag auf Gröde, will da natürlich auch nicht zurückstehen und bietet noch einmal feinstes Nordseewetter, weiße Wölkchen am blauen Himmel bei leichtem Wind. Also Zeit für ausgedehnte Spaziergänge am Meer, um den Schiffen und Segelbooten, den Austernfischern und einem dagebliebenen Paar Ringelgänse einfach nur zuzuschauen.
15.8. Ende der Ferien
Diesig beginnt der letzte Morgen, die Sonne scheint milchig trübe durch den Dunst und die Warften auf Langeneß sind nur schemenhaft am Horizont auszumachen. Der kräftige Südwestwind bemüht sich redlich, den Dunst beiseite zu schieben, aber es bleibt die melancholisch vorherbstliche Stimmung der Halliglandschaft.
Bis zum nächsten Jahr.