Strenger Karfreitag
22. April 2011
Neun Tage im neunten Jahr. Wenn das nicht zusammen passt. Entgegen den Befürchtungen, im Ostertrubel im Stau zu stehen, geht es flott nach Norden voran. Einzig der Versuch, hinter Hamburg bei Rendsburg eine Frühstückspause einzulegen, scheitert an den Öffnungszeiten des dortigen Fastfood Providers. Offensichtlich zählt hier Frühstücken zu den am Karfreitag untersagten Vergnügungen.
Am frühen Nachmittag sind wir schließlich auf Gröde. Schön, wieder mitten im Meer zu sein. Aber rechte Freude fällt schwer, ist doch vor ein paar Tagen Bahne verstorben, seine Abwesenheit hinterlässt eine schmerzliche Lücke in der Halliggemeinschaft.
Das Fest kann kommen
23. April
Ein fauler Samstag im sommerlichen April, keine Hektik, keine Termine, nur unterbrochen von den Neuankömmlingen am Nachmittag. So langsam trudeln die letzten Feriengäste und Einheimischen zum Osterfest auf der Hallig ein.
Nicht zu übersehen sind auch die alljährlich wiederkehrenden tierischen Gäste. Tausende Ringelgänse tummeln sich in den Salzwiesen, zum Abend hin findet sich wieder ein großer Trupp auf den Ringdeichen der Knuds- und Kirchwarft ein.
Und die Nacht ist trotz kräftigem Ostwind lau genug, um den Sternenhimmel fernab der Großstädte zu genießen.
Ostersonnentag
24. April
Ganz perfekt präsentiert sich der Ostersonntag, wolkenloser Himmel und 14 Stunden, 42 Minuten und 3 Sekunden Sonnenschein.
Am Vormittag startet der gemeinsame Osterumzug. Von Haus zu Haus in nicht unmittelbar systematischer Reihenfolge, sodass auch bei den Einheimischen noch die eine oder andere Nachfrage auftaucht.
Zwölf Kinder – die älteren nach reiflicher Überlegung, “bin ich nicht schon zu alt zum Ostereier suchen?” – durchkämmen die Gärten, die Erwachsenen wenden sich erwachseneren Genüssen zu.
Zwei Hunde wenden sich völlig ungeniert noch ganz anderen Vergnügungen zu, bleiben dann aber länger als erwartet aneinander hängen – autsch!
Ein Osterfeuer am Nachmittag lockt zu einem Bierchen in geselliger Runde an die „Schleuse“ und nach einem Abendspaziergang lässt es sich die Halligsonne nicht nehmen, nicht nur als roter Feuerball unterzugehen, sondern auch ein wenig Farbenpracht an den Horizont zu zaubern.
Mehr Sonne
25. April
Genau genommen 4 Minuten und 11 Sekunden.
Ein mehr auch bei den Vögeln, oder zumindest scheinen sich die Schwärme der Ringelgänse vermehrt zu haben. Und auch dieses Jahr sind sie wieder ein gutes Stück zutraulicher geworden. Einigen besonders mutigen Exemplaren auf dem Ringdeich um die Knudswarft kann man sich auf unter 10 m nähern.
Noch mehr Farbenpracht beim Sonnenuntergang darf dann natürlich auch nicht fehlen. Das mehr an Sonne macht sich abends durch erste Ausfallerscheinungen in der Familie bemerkbar – leichter Sonnenstich – und das im April an der Nordsee!
Später lockt wieder eine laue und fast windstille Nacht zum Sterne gucken und fotografieren. Bei guter Fernsicht ist aber selbst hier „draußen“ die Lichtverschmutzung nicht zu übersehen, insbesondere Föhr strahlt in den Nachthimmel.
Kein langer Tag
26. April
Zumindest für uns. Ansonsten bestünde mit Hochwasser am Morgen und Abend die Möglichkeit zum Landgang, aber bei nur ein paar Tagen Gröde ist der Bedarf zum Einkaufen oder an Ausflügen nicht so groß.
Stattdessen raus zum Sonnenaufgang auf den Ringdeich, Blick und Kamera gen Osten. Und da sind doch tatsächlich seit Tagen die ersten Wolken zu sehen, die dann sogar etwas später die Sonne verfinstern. Aber nur kurz, sonst wieder eitel Sonnenschein von früh bis spät bei etwas kühlem Wind.
Der Nachmittag gehört der Bernsteinsuche auf Appelland, der Autor macht es sich aber lieber im Süden gemütlich und dokumentiert den Gang der Gezeiten. Anfangs recht gemächlich, dann ziemlich flott steigt der Pegel und die Steinlahnungen gehen etwa drei Stunden nach Niedrigwasserzeit wieder unter.
Halligtag
27. April
Am Vormittag gibt es doch glatt ein paar Tropfen Regen. Nichts, was den Nordsee-Erfahrenen wirklich schrecken könnte, aber die traditionelle Kaffeetafel bei Claudia wird vom Vorgarten nach innen verlagert.
Und so ist es ein typisch leicht melancholischer Halligtag, mit jener so schwer beschreibbaren Stimmung am Meer, die einen Aufenthalt hier so besonders macht.
Der Sonnenuntergang schließt sich an, keine kitschige Farbenpracht am Horizont, unprätentiös verschwindet unser Zentralgestirn hinter einer Wolkenschicht.
Erste Abschiede
28. April
Die Hallig-typische Stimmung setzt sich am nächsten Tag fort, so richtig will der Sommer im Frühjahr nicht wieder aufdrehen. Und mit einem kräftigen Ostwind wird es sogar eher kalt, Zeit für die Outdoor-Jacke.
Mittags finden sich dann die ersten Rückkehrer unter den Osterbesuchern und Feriengästen am Westanleger ein. Auch Moni, mit der es gestern ein freudiges, unverhofftes Wiedersehen gab, ist wieder mit den Kindern auf dem Weg zum Festland.
Eine fotografische Expedition in die Halligschule nach dem Ablegen der Rungholt liefert Eindrücke aus vielen Jahren Schulleben. Ohne Schüler, denn auch hier sind im Moment Osterferien. Es ist das letzte Jahr der Zwergschule, die beiden Schulkinder ziehen im Sommer von Gröde weg. Auch im Halligidyll gibt es Veränderung.
Und am Nachmittag steht wieder ein Kaffeeklatsch auf dem Programm, gemütlich im Windschatten bei Monika, Volker und Frieda im Garten.
Ebbe hat sich mittlerweile auf den späten Nachmittag verschoben, trotz kaltem Wind ist es wunderbar, an der Steinkante zu sitzen, dem langsam auflaufenden Meer und den Vögeln zuzuschauen. Die elegantesten der Flieger: zweifelsfrei die Küstenseeschwalben.
Letzter Ferientag
29. April
Wieder kalter Ostwind, aber dazu der perfekte Sonnenschein und die Tageslänge knackt heute die 15-Stundenmarke.
Erneut Abschiede zur späten Mittagszeit am Westanleger, die Ferien gehen zu Ende, unsere Feriennachbarn machen sich auf den Rückweg nach Aachen.
Danach zieht es uns zur Flut an die Steinkante. Wunderbar, den sich an den Steinlahnungen brechenden Wellen zuzuschauen. Und natürlich den Vögeln, auf einmal kommt ein Weißstorch übers Meer herangeflogen, zusammen mit einem Austernfischer-Begleitgeschwader! Wie passend, sind letztere doch die „Halligstörche“. Aber ein Weißstorch ist ein eher seltener Anblick.
Nachmittags mit dem ablaufenden Wasser noch eine kleine Tour zu den Steinlahnungen im Süden und Westen, gerade auf halbem Weg zwischen Hoch- und Niedrigwasser faszinieren die „Finger“ der Hallig ins Meer als fotografische Serie.
Abends geht die Sonne gleißend am Horizont unter und eine klare Nacht beginnt. Der Himmel ist wesentlich klarer als am Ostermontag, die Lichtverschmutzung macht sich entsprechend etwas weniger bemerkbar und so entsteht ein weiterer „Star Trail“ mit dem Herkules im Osten über der Knudswarft.
Rückreise
30. April
Einigermaßen früh geht es aus den Federn, denn noch ist nicht ganz klar, wann wir hier von der Rungholt abgeholt werden. Auch wenn man ansonsten hier gerne sehr pünktlich ist, mit dem Schiffsverkehr ist das so eine Sache.
Um zwei Uhr legen wir dann ab, ein letzter Gruß und dann verschwindet Hallig Gröde wieder als Streifen am Horizont mit der charakteristischen Silhouette der Häuser.
Jetzt suchen sie vergebens ihren Freund. Zwar ist er auf seiner Hallig geblieben, aber aus dem Hause hat man ihn hinausgetragen; die grüne Rasendecke liegt schützend über ihm. Er hat es gewagt, sich hier zur Ruhe zu begeben; wohl wissend, daß der Sturm die Flut zu seinem Grabe treiben, daß die Flut es aufwühlen und ihn in seinem schmalen Ruhebette auf das weite Meer hinaustragen könne. Aber wie hätte er jene großen Mächte fürchten sollen, in deren Schutz er sich so gern gesichert glaubte!